Tiefgänger ApostelgeschichteSample

● Obwohl der römische Oberst Klaudius Lysias in einem offiziellen Schreiben dem Angeklagten Paulus die Unschuld bescheinigt hat (Apostelgeschichte 23,29), wird nach fünf Tagen Untersuchungshaft der Prozess gegen Paulus eröffnet. Die Anklageseite besteht aus dem Hohepriester Hananias, einigen Vertretern des Hohen Rates und dem römischen Anwalt Tertullus. Der versucht, mit Schmeicheleien und Komplimenten den Statthalter Felix auf die Seite der Anklage zu ziehen. In Wahrheit gilt Felix als grausamer Despot, über den sich die Juden offiziell in Rom beschwerten.

● Drei Anklagepunkte führt Tertullus an: Paulus sei erstens ein Aufrührer unter der jüdischen Bevölkerung, was eine schwerwiegende Anklage darstellt. Er sei zweitens der Rädelsführer der Sekte der Nazarener, was die römische Gerichtsbarkeit wohl kaum interessieren dürfte. Außerdem habe er drittens versucht, den Tempel zu entweihen, was ein gefährlicher Vorwurf gegen Paulus ist. Denn die Römer hatten die jüdische Tempelbehörde ermächtigt, den Tempel eigenverantwortlich zu schützen.

● Paulus weist den ersten und dritten Anklagepunkt zurück. Sie seien haltlos. Es gäbe keinen Beweis. Den zweiten greift er geschickt auf. Dieser bietet Paulus die Möglichkeit, über die herrliche Hoffnung der Christen, die Auferstehung zu sprechen. Schließlich ist der Glaube an die Auferstehung fester Bestandteil der alttestamentlichen Überlieferung (Jesaja 25,8; Daniel 12,2f) und der pharisäischen Theologie. Wenn dies nun der einzige Anklage punkt ist, dann werden sich die Ankläger widersprechen. Der Hohepriester Hananias, der als Sadduzäer nicht an die Auferstehung glaubt, weiß nur zu gut, dass dieser theologische Streit die Römer kaum interessieren dürfte.

Zum Weiterdenken: Paulus möchte gegenüber Gott und den Menschen ein reines Gewissen haben. Wie kann man sich darin üben?