Vaterunser - das kraftvollste Gebet der WeltSample
Tag 1: Unser Vater im Himmel! (Matthäus 6,9a)
„Beschreib mir deine Art zu beten und ich werde dir sagen, an was du glaubst und welche Vorstellungen du von Gott und den Menschen hast“, so ähnlich habe ich es irgendwo mal gelesen. Beten ist der erste, ursprüngliche Ausdruck des Glaubens: Man kommuniziert - oft auch ohne Worte - mit demjenigen, den man für hörend hält.
Mit den namensgebenden Worten „Unser Vater im Himmel“ beginnt das Vaterunser und setzt damit den Ton für das gesamte Gebet. „Im Himmel“ unterstreicht die Transzendenz Gottes. In anderen Worten: Gott ist größer, ganz anders, von unserem menschlichen Alltag (scheinbar) weit entfernt. Doch „Vater“ betont im Gegensatz dazu, wie nahe Gott uns ist. Jesus will mit der Anrede unsere Sichtweise und Beziehung zu Gott prägen. Er verwendet das aramäische Wort „Abba“, was so viel wie „lieber Papi“ oder „Papa“ bedeutet. In den Evangelien taucht diese Anrede nicht weniger als 117 Mal auf. Mit dem Vaterunser ermutigt Jesus also Seine Jüngerinnen und Nachfolger, Gott ebenso persönlich und vertraut wie Er selbst anzusprechen. Bereits in der hebräischen Bibel wird Gottes Nähe mit elterlicher Fürsorge verglichen. Der Prophet Jesaja sagt zum Beispiel: „Ich will euch trösten wie eine Mutter“ (Jesaja 66,13). Beide Geschlechter sind im Ebenbild Gottes geschaffen, beide drücken also auch etwas von Gottes Wesen und Charakter aus (1. Mose 1). Die Bibel macht das jedenfalls glasklar deutlich.
Im Kontext der damaligen Zeit war das eine revolutionäre Vorstellung. Gott galt als ferner, unnahbarer Herrscher und ähnelte darin eher einem orientalischen König als einem liebevollen Vater. Im Alten Testament wird Gott daher hauptsächlich als Jahwe, Elohim, Adonai oder Zebaoth bezeichnet. Allein der Gottesname Jahwe kommt 6800 Mal vor. Doch wie oft wird Gott dort als Vater bezeichnet? Eher selten. In den Psalmen, dem Gebetsbuch der Bibel, spricht die Lutherübersetzung 2017 von Gott nur viermal als „Vater“. Die üblichen Gebetsanreden im Judentum waren beschreibende Ersatzausdrücke, um als Zeichen des Respekts den Namen Jahwe nicht auszusprechen.
Jesu Gottesanrede war also keine vollkommene Revolution. Aber Er hat das Gottesbild mit Seinem vertrauten „Abba“ reformiert so wie keiner vor Ihm. Er hat die Menschen dazu herausgefordert, diese Reform im eigenen Herzen mitzugehen. Jesus wollte den Menschen „Abba“ bringen. Es ist so etwas wie das Evangelium im Evangelium. Gott soll neu, anders gedacht werden. Nicht als herrschender, richtender und ferner Gott, sondern als liebender, fürsorglicher Vater. Jesus löst mit dieser zärtlichen Anrede die Ambivalenz zwischen dem barmherzigen und strafenden Gott auf. Gott ist die Liebe (1. Johannes 4,16). Dieser Abba-Gott verändert alles. Das ist die Basis-Lektion, die es zu lernen gilt.
„Wirklich glauben zu können“, schreibt der Theologe Karl-Heinz Menke, „dass Gott „in mich verliebt ist“, scheint mir eine Grundvoraussetzung für das Beten-Können.“
Noch ein Impuls zum Weiterdenken:
1.Welchen Blick auf Gott hast du? Welches Gottesbild prägt dich?
2. Was denkst du: Fällt es Menschen leichter, zu einem bedingungslos liebenden Gott zu beten oder an einen ambivalenten Gott, der mal umarmt und mal straft?
Scripture
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Das Vaterunser ist eines der bekanntesten Gebete der Welt. Ein Gebet, das Jesus selbst gelehrt hat. Doch wie oft sprechen wir es mechanisch, ohne uns wirklich mit dem Reichtum seiner Worte auseinanderzusetzen? Dieser Bibelleseplan lädt dich dazu ein, die Tiefe des Vaterunsers zu entdecken und mit neuen Augen zu sehen. Zum Anhören und Selberlesen.
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