Vaterunser - das kraftvollste Gebet der WeltBeispiel
Tag 2: Geheiligt werde Dein Name (Matthäus 6,9b)
„Geheiligt werde Dein Name“ - das klingt irgendwie angestaubt. Nach Kirchensprache. So drückt sich niemand mehr aus. Und was bedeutet das eigentlich? Berechtigte Frage. Keine Zeile im Vaterunser scheint so schwer zu deuten zu sein wie diese. Viele Theologen und Betende haben sich darüber die Köpfe zerbrochen.
Einige Ergebnisse des „Kopfzerbrechens“ sind folgende:
Anerkennung der Heiligkeit Gottes: Es geht darum, dass Gott einzigartig und von allem Irdischen getrennt ist. Die Transzendenz und Erhabenheit Gottes wird betont.
Aufruf zur Ehrfurcht: Eine Erinnerung daran, Gott mit Respekt und Ehrfurcht zu begegnen und Seinen Namen nicht leichtfertig zu gebrauchen.
Lebensausrichtung: Die Bitte impliziert, dass wir unser Leben so gestalten sollen, dass es Gottes Heiligkeit widerspiegelt und Ihm ein besonderer Platz eingeräumt wird.
Missionarische Bitte: Es drückt den Wunsch aus, dass alle Menschen in der Welt an Ihn glauben und somit „Seinen Namen heiligen“.
Das sind alles gute Gedanken, wie man diesen Vers verstehen kann. Was ihnen bei allen Unterschieden gemeinsam ist: diejenigen, die sie umsetzen sollen, sind die Menschen. Das kann die richtige Blickrichtung sein, muss aber nicht.
Wahrscheinlich hat das jüdische Kaddisch-Gebet dem Vaterunser Pate gestanden. Man kann annehmen, dass Jesus dieses Gebet kannte. Denn Er wuchs ja in einer fromm-jüdischen Familie auf. Dort findet man folgende Formulierung: „Verherrlicht und geheiligt werde Sein großer Name in der Welt, die Er nach Seinem Willen schuf.“ Jesus hat die Worte „verherrlicht werde …in der Welt“, die eindeutig nur an die Menschen als die „Verherrlichenden“ denken lassen, ersatzlos gestrichen. Er hat nur das „geheiligt werde“ übernommen. Damit könnte aber Gott selbst der Heiligende sein. Also ähnlich wie die Bitte aus Johannes 12,28: „Vater, verherrliche Deinen Namen!“.
Damit würde sich folgender Sinn ergeben: „Abba, mach Dich selbst groß. Vater, hebe Dich selbst heraus aus der Masse anderer Götter.“
Tja, wie denn nun: Soll der Mensch oder Gott hier den „himmlischen Abba“ heiligen? Ich denke, wir sollten diesen Vers hier so offen wie möglich deuten. Wie so oft in der Bibel ist es sowohl das menschliche Handeln als auch das Wirken Gottes.
Vielleicht geht es hier um etwas ganz anderes. Jesus hat das Vaterunser nicht mit „Bitte lieber Gott, gib doch, mach doch…!“ begonnen. Gott ist für Ihn nicht in erster Linie der Nothelfer. Gott ist für Ihn an sich der große Wert des Lebens. Er ist einfach begeistert von Gott als Papi. Und vielleicht ist dieser Vers so zu verstehen: „Abba, Du bist einfach klasse. Nice, dass es Dich gibt!“ Ja, ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Worte „Geheiligt werde Dein Name“ ein tiefes, freudiges Grundgefühl ausdrücken sollen.
Noch ein Impuls zum Weiterdenken:
1. In diesem Impuls habe ich dir einige Aspekte aufgezeigt, wie diese Bitte zu verstehen ist. Doch wie hast du diesen Vers bisher verstanden?
2. „Heiligen“ ist ein zentraler Begriff in vielen Religionen. Welche Bedeutung hat er für dein Glaubensleben?
Die Heilige Schrift
Über diesen Leseplan
Das Vaterunser ist eines der bekanntesten Gebete der Welt. Ein Gebet, das Jesus selbst gelehrt hat. Doch wie oft sprechen wir es mechanisch, ohne uns wirklich mit dem Reichtum seiner Worte auseinanderzusetzen? Dieser Bibelleseplan lädt dich dazu ein, die Tiefe des Vaterunsers zu entdecken und mit neuen Augen zu sehen. Zum Anhören und Selberlesen.
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Wir möchten uns bei Compassion Deutschland für die Bereitstellung dieses Plans bedanken. Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.compassion.de/